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TAN TIEN TSCHÜAN - Dreifuß

10.08.2006

Der Dreifuß ist ein aus dem Tan Tien Tschüan hergeleitetes Ch'i Kung System, das zur Modifikation und Bewältigung aussteuerungstechnischer Probleme und Schwächen entwickelt wurde.

Er eignet sich unabhängig von seinem allgemeinen Unterstützungs- und Korrekturwert für die Tan Tien Tschüan Praxis auch zur Entwicklung alternativer Bewegungskontrolle im Falle körperlicher und gesundheitlicher Einschränkungen mit der Konsequenz neu organisierter Bewegungs- und Manöverfreiheit.

Er wird speziell zur Verbesserung krankheits- oder altersbedingter Funktionsschwächen der Bewegungsfreiheit nach Tan Tien Tschüan Prinzipien in neun Stufen unterrichtet.

Schritt und kritische Alternative

Beschreibung eines normalen (konventionellen) Schrittes

Da nach meiner Wahrnehmung die Füße bei einem konventionellen Schritt nicht bewußt eingesetzt werden und daher eher passiv an der Bewegung beteiligt sind, ging ich im ersten Ansatz davon aus, daß die Schrittbewegung durch das Fallen des Oberkörpers nach vorn initiiert wird. Allerdings nimmt man dieses Fallen besonders im Verlauf mehrerer Schritte nicht besonders deutlich wahr, da es als selbstverständlicher Teil der Bewegung durch den Gewöhnungsfaktor schnell ausgeblendet wird. Hinzu kommt, daß der Fallwinkel nicht immer sehr groß sein muß, selbst ein leichtes Kippen des gesamten Körpers nach vorn hat aber dennoch eine große Gesamtwirkung, die sich nur über den Körper verteilt.

Um also die Annahme, die Kippbewegung des Körpers nach vorn würde die Schrittbewegung in Gang setzen zu verifizieren, habe ich versucht, einen Schritt mit ganz geradem Oberkörper zu machen. Das Ergebnis war, daß ich mich mit dem Oberkörper stark nach oben und auch nach hinten strecken mußte, um die Füße überhaupt vom Boden hochzukriegen. Außerdem mußte ich mich zusätzlich noch deutlich vom Boden abdrücken und auf den Füßen wippen, um schließlich einen Schritt machen zu können. Aus diesem Versuch konnte ich mehrere Schlüsse ziehen.

Erstens: Man kann einigermaßen objektiv sagen, daß der Oberkörper bzw.der Gesamtkörper normalerweise sehr stark an einer Schrittbewegung beteiligt ist. Gehen ist daher ein Prozeß, der den ganzen Körper betrifft.

Zweitens: Ohne das Schwingen und Wuchten des Oberkörpers lassen sich die Füße nicht vom Boden lösen. Sie sind daher erst in zweiter Linie, also sekundär, am konventionellen Schritt beteiligt. Folglich sind die Aufwände, welche für einen normalen Schritt betrieben werden müssen, viel höher als gemeinhin angenommen wird. Die meisten Leute würden schon davon ausgehen, daß die Füße beim Gehen eine primäre Funktion haben und der Körper keinen so ausschlaggebenden Anteil daran hat.

Drittens: Das Fallenlassen des Oberkörpers nach vorn wird von den meisten Leuten als Schrittstart und zur Aufrechterhaltung des Gehens favorisiert, da diese Methode als die unaufwendigste erscheint. Diese Schlußfolgerung ziehe ich auch aus der Beobachtung des Gehverhaltens meiner Mitmenschen auf der Straße, besonders desjenigen von alten Leuten, die oft sehr stark vornüber hängen.

Viertens: Bereits, wenn man die Fallbewegung des Körpers nach vorn als wesentlichen Bestandteil jeder Schrittbewegung betrachtet, kann man sich vorstellen, wie bei unreflektiertem Gehen bestimmte Haltungsschäden entstehen wie z.B. ein ständig gebeugter Rücken und infolge dessen Rückenschmerzen oder auch Verkeilungen zwischen Ober-und Unterkörper.

Fünftens: Wenn wir beim Gehen den Oberkörper und infolge dessen Hüfte und Beine über unseren Standpunkt hinaus nach vorn fallen lassen, dann müssen die Füße immer hinter dem Körper hergezogen werden. Alternativ können die Füße auch vor den Körper geworfen werden, wobei dann der Oberkörper nach hinten gelegt wird. Irgendwann muß allerdings der Körper wieder über die Füße herübermanövriert werden, so daß der Gesamtaufwand höher wird und die Füße schließlich doch hinter dem Körper hergezogen werden.

Sechstens: Im Zusammenhang mit der weiteren Beschreibung der Schrittbewegung wird sich der Verdacht erhärten, daß, wie schon aus dem bereits oben Erwähnten zu schließen ist, ein normaler Schritt als Bewegung im wesentlichen im horizontalen Verhältnis zum Boden abläuft. Dies ist deswegen erstaunlich, weil unser ständiger Fall zum Boden eigentlich eine vertikale Achse hat, der wir also beim Gehen dauernd ausweichen, statt sie zu nutzen.

Weiterhin passiert beim normalen Schritt folgendes: Durch das Fallen des Körpers nach vorn kann ein Fuß vom Boden gelöst werden. Das Kniegelenk wird nun eingeknickt und der Fuß dadurch noch weiter angehoben. Der andere Fuß muß, um die Balance zu gewährleisten, am Boden stehen bleiben. Der gesamte Körper verlagert sich nun auf das Standbein und kippt dabei auch ein gutes Stück zu Standbeinseite herüber. Schließlich kippt der Körper weiter nach vorn, wobei sich der Druck auf das Standbein stark erhöht. Dieses Bein wird bei dem Vorgang versteift und nach hinten vom Körper weggestreckt. Diese Streckung ist besonders im Kniegelenk deutlich zu spüren.

Während der Körper nach vorn fällt und sich das Standbein streckt, drückt man sich vom hinteren Standbein aus nach vorn ab, bis das Spielbein bzw. der vordere Fuß auf dem Boden aufkommt. Der vordere Fuß bremst nun den Fall nach vorn aus und überträgt die Wucht des Aufpralls auf den Boden bis in den Kopf hinein auf den ganzen Körper zurück.

Gleichzeitig mit diesem Aufprall kann sich das hintere, ehemalige Standbein vom Boden lösen und zum Spielbein werden. Dabei wird wieder das Kniegelenk des ehemaligen Standbeins geknickt und das Körpergewicht auf das ehemalige Spielbein übertragen. An diesem Punkt ist ein Schritt abgeschlossen und der nächste beginnt.

Bei der Aneinanderreihung mehrerer Schritte zum Gehen wiederholt sich der beschriebene Prozeß immer wieder, wobei verschiedene Ausprägungen von Wuchten ins Spiel kommen können. Einige Menschen schwingen beispielsweise sehr mit der Hüfte oder dem Hintern zur Seite aus, wobei dieses Schwingen mal auf der einen, mal auf der anderen Seite mehr ausgeprägt ist; denn um die Schwungbewegung in Gang zu halten, müssen immer Ungleichgewichte in der Gewichtsverteilung und dem statischen Aufbau des Körpers hergestellt werden. Wäre ein kompletter Ausgleich dieser Faktoren im gesamten Körper vorhanden, befände sich der Mensch in einer Balance, die ihm nicht mehr erlauben würde, sich zu bewegen. Diese Ungleichgewichtung im Körper ist also eine Art funktioneller Zwang beim Gehen und wirkt sich als Verschleißursache extrem auf den Körper aus. Man muß sich dazu nur vorstellen, daß jedes Schwingen wie z.B. in der Hüfte immer wieder vom Körper ausgebremst werden muß, genauso wie der Fall nach vorn. Dabei geht eine Bewegung nach außen vom Körper weg, während der Rest des Körpers sich gegen diese Bewegung stellt, sich beispielsweise im Rücken verhärtet und viel Gewicht in die Gegenrichtung organisiert, damit der Schwung (in diesem Fall der Hüftschwung) den Körper nicht umreißt.

Diese Problematik tut sich bei allen Schwungpräferenzen auf, einige Menschen drücken sich beim Gehen stark vom Boden ab und weisen eher einen hüpfenden Gang auf, andere versteifen von vornherein Brust, Schultern und Rücken, die dadurch in einer Art Zerreißverhältnis zum Unterkörper stehen. Allen Gangarten gemeinsam ist dabei die Tatsache, daß der Körper zum Schrittstart immer wieder nach vorn fällt und daß extreme Gegenwuchten auf den Körper einwirken

Ein weiteres Beispiel für den Einsatz von Gegenwuchten im Körper ist der Moment bei einem Schritt, in dem das Spielbein auf dem Boden aufprallt. Dies hat zur Folge, daß der Körper ausgebremst und kurz nach hinten/oben gedrückt wird. Anschließend kann er nämlich wieder nach vorn fallen und den nächsten Schritt initiieren. Es entsteht eine Art Vorwärts-und Rückwärtswackeln beim Gehen. Der Mensch verschleiert dieses Gewackel im allgemeinen aus ästhetischen Gründen, jedoch kann man es bei Tieren ganz unverschleiert beobachten. Hühner, Störche, Flamingos, alle Vögel wackeln beim Gehen extrem nach vorn und hinten, sie holen Schwung zum Gehen.

Gehen ist also kein flüssiger Bewegungsablauf, sondern eine Aneinanderreihung von Starten und Stoppen.

Da beim Menschen gewisse ästhetische Ansprüche an das Gehen gestellt werden, wird durch gezieltes Schwingen, z.B. mit dem Hintern oder der Hüfte die Brüchigkeit dieser Bewegung verschleiert. Man bezeichnet einen schwingenden Gang dann als besonders weiblich.

Das unvermeidliche Abdrücken vom Boden wird oft übertrieben ausgeführt, da es als besonders dynamisch gilt. Man kann dies besonders gut in Zeitlupensequenzen von Militäractionfilmen oder auch Gerichtsdramen beobachten, wenn beispielsweise Offiziere oder Anwälte mit großer Einsatzfreude und Entschlossenheit einen Flur entlanggehen. Sie schwingen dabei extrem nach oben und unten, ihr Handlungdrang sowie ihre besondere Dynamik sollen damit zum Ausdruck gebracht werden. Praktischerweise wirkt extremes Abdrücken bzw. Aufprallen in Zeitlupe viel weicher und federnder als in normalem Tempo. Für besondere ästhetische Ausprägungen des Gehens gibt es viele Beispiele, die von Branche zu Branche verschieden sind. Die Anforderungen an die Optik sind im Film ganz andere als z.B. auf dem Catwalk. Allen ist aber gemeinsam, aus der Not der Brüchigkeit einer Bewegung eine scheinbare Tugend zu machen. Dieser ausgeprägte Hang zur Ästhetisierung erklärt auch ein bißchen, warum es in unserer Gesellschaft kaum eine kritische Auseinandersetzung mit dem Gehen gibt.

Dreifuß als alternativer Ansatz, eine Schrittbewegung für den Körper erträglicher zu gestalten

Beim Dreifuß gibt es in jeder Stufe einen besonders prägnanten Unterschied zum konventionellen Gehen. Der Fuß, welcher die Richtung der Bewegung angibt, also beispielsweise beim rechten Vorschritt der rechte Fuß, der leicht vor dem linken Standbein steht, ist aktiv. Man fällt mit dem Körper nicht über den Fuß hinaus und schiebt sich auch nicht vom Standbein über den vorderen Fuß herüber. Statt dessen initiiert man die Schrittbewegung vom richtungsangebenden Fuß aus, indem man einen Teil des Fußes leicht anspannt und damit die permanente Fallbewegung des Körpers in eine bestimmte Richtung steuert.

Im Falle des Vorschritts wird zuerst die vordere Außenkante leicht angespannt, anschließend spannen sich die Zehen leicht und "greifen" in den Boden. Statt das Schwingen des Körpers nach außen auszuweiten, werden die bereits vorhandenen Körperschwünge in eine vorher festgelegte Richtung geleitet und zu einer Bewegung konzentriert. Im Falle des Vorschritts bewegt sich der gesamte Körper dadurch nach vorn, ohne daß man sich abdrückt. Dieser Ansatz hat mehrere Vorteile. Ganz offensichtlich ist, daß beim Dreifuß, im Vergleich zum konventionellen Gehen extreme Schwünge im Körper vermieden werden, damit fällt dann auch die Notwendigkeit zum starken Gegenwuchten und Ausbremsen bei einer Bewegung weg. Dies wiederum schont alle Gelenke, besonders die Knie- und Hüftgelenke, sowie die Fußgelenke. Auch der Rücken, welcher beim normalen Gang häufig gestreckt und gestaucht werden muß wird geschont. Gelenk- und Rückenschmerzen können über diesen alternativen Bewegungsansatz minimiert werden.

Beim Dreifuß wird versucht, den Körper immer innerhalb einer Schwungtoleranz zu halten. Das heißt, große Schwünge, die mit viel Aufwand und vor allem mit einer großen Streckung im Körper verbunden sind, ersetzt man durch eine Aussteuerung, die den Körper insgesamt zusammenhält und im Verbund von A nach B transportiert, statt ihn auseinanderzureißen. Man kann sich dazu einen Zylinder vorstellen, der den Körper in einem kleinen Radius umgibt. Anschließend versucht man, z.B. durch den Einsatz der Dreifußtechnik, den Körper immer innerhalb dieses Zylinders zu bewegen. Dabei wird die vertikale Fallachse des Körpers stärker eingesetzt als alle horizontalen Schwungvektoren.

Da man hierbei den Schritt aktiv vom Fuß aus steuert, bleiben die Füße dicht am Boden und prallen daher nicht stark von oben aus auf wie beim normalen Schritt. Da ständiges Aufprallen die Gelenke ähnlich wie Stoßdämpfer am Auto sehr verschleißt, ist eine Vermeidung dieses Aufpralls ebenfalls gut für alle Gelenke, aber auch für Bindegewebe und Knochen.

Hinzu kommt ein weiterer Vorteil, der sich beim Dreifuß schon ganz am Anfang einstellt, selbst wenn dieser nicht besonders präzise ausgeführt wird. Da die Füße normalerweise nur sekundär und passiv bewegt werden, sind sie bei den meisten Leuten schlecht durchblutet. Infolge dessen haben viele Menschen häufig kalte Füße. Bei Unterkühlung sterben die Extremitäten als erstes ab, sie werden nicht automatisch gut durchblutet. Beim Dreifuß werden die Füße von Anfang an aktiv an der Bewegung beteiligt. Sie sind sogar der primäre Bewegungsmotor und leisten die meiste Arbeit. Dabei werden sie viel besser durchblutet als sonst und auch automatisch warm.

Um die Füße leichter aktivieren zu können, wird beim Dreifuß der Stufe 1 zunächst eine Art Topographie der Fußfläche angelegt. Damit hat man schon im voraus Anhaltspunkte für das leichte, partielle Anspannen des Fußes und ein Leitsystem für die Fallaussteuerung. Es werden immer im Wechsel die Außen und Innenkanten sowie die Zehen oder die Ferse angespannt und diese Spannungspunkte geben die Richtung vor, in welche die Körperschwünge geleitet werden. Will man sich also beispielsweise rückwärts bewegen, so läßt man beim Dreifuß nicht den Körper rückwärts über die Füße hinüber fallen, um sich anschließend vom Vorderfuß abzustoßen, sondern man "zieht" sich durch Anspannen der Ferse zum Boden, bis der Körper von allein rückwärts fällt. Der Standfuß löst sich dann ohne Abstoßen vom Boden ab und folgt ebenfalls der Fallrichtung.

Wenn nun das Standbein beim Rückwärtsschritt zum Spielbein wird, sorgt man gleich während des Aufkommens durch Anspannen der Außenkante im Spielbein dafür, daß der Körper an den Boden herangezogen wird, statt einfach nur aufzuprallen. Wieder werden eine unnötig starke Kollision mit dem Boden sowie eine übertriebene Streckung des Spielbeins vermieden. Damit der Körper nun nicht weit über die Außenkante hinaus schwingt und dadurch weitere Gegenwuchten auslöst, zieht man ihn anschließend gleich durch Anspannen der Innenkante desselben Fußes in eine Fallrichtung zwischen beide Füße, die innerhalb der Schwungtoleranz liegt. So bewegt man sich in einer kreisartigen Bewegung immer weiter, indem man wechselweise die vorgegebenen Punkte in den Füßen anspannt und ansteuert. Selbstverständlich läßt sich diese Vorgehensweise auch auf das normale Gehen übertragen, indem man auch im Alltag immer wieder die Fußflächen aktiviert und dabei fast von selbst dazu übergeht, häufiger innerhalb der Schwungtoleranz zu bleiben. Das Verhältnis des Körpers zum Boden beschränkt sich nicht mehr nur auf Kollision und Abstoßen.

Die Auswirkung passiver physikalischer Kräfte auf den Körper und die Bedeutung ihrer Erforschung im Dreifuß

Wie man der Beschreibung des konventionellen Schrittes oben entnehmen kann, entziehen sich die physikalischen Kräfte, welche unsere Bewegung bestimmen wie der ständige Fall zum Boden sowie sämtliche Schwünge, Wuchten und Kollisionen normalerweise weitgehend unserer Kontrolle. Weder bestimmt man, wann und wie man auf dem Boden aufkommt, noch hat man ohne extremen Aufwand eine Kontrolle darüber, wo einen die ständigen Schwünge hinführen. Aussteuerung beschränkt sich vornehmlich darauf, auf die physikalischen Kräfte zu reagieren, die uns umgeben. Ständig bremst man, wuchtet um, prallt auf und steuert gegen eine Fallrichtung an, um selbst eine ungefähre Bewegungsrichtung anzupeilen. Man kann die Gegebenheiten, welche unsere Aussteuerung beeinflussen, daher auch als "passive Kräfte" bezeichnen, denn sie werden weder aktiv von uns hervorgerufen, noch kontrolliert ausgesteuert.

Beim Dreifuß versucht man mittels einfacher Grundlagen, diese passiven Kräfte als solche zu erkennen und sie anschließend gezielter für sich in Gebrauch zu nehmen.

Man beginnt damit, die Schwünge und Wuchten, welche wir für eine Bewegung brauchen, zunächst zu verkleinern und durch das Ansteuern definierter Fußflächen zu begrenzen. Der Vorteil ist immerhin, daß der Gesamtkörper weniger zu extremen Streckungen, heftigen Bremsmanövern und starken Kollisionen mit dem Boden gezwungen wird. Die passiven, kontrollfreien Momente, in denen man sich einfach nur unbewußt vom Boden abdrückt oder schwingt, werden kürzer und die Gelenke dadurch bereits häufig geschont.

Schließlich kann man bei gründlicher Arbeit am Dreifuß sogar den Aufprall des Körpers auf den Boden verzögern, indem man zwischen der Fußfläche und dem Boden durch wechselndes Anspannen einzelner Punkte das fallende Körpergewicht kurz vor dem Aufkommen an einer Stelle an einen anderen Punkt umleitet. Daraus entsteht bei konsequenter Ausführung des Wechsels eine Art zusätzliche Gelenkoption zwischen Fuß und Boden. Der Fuß ist dann nicht mehr nur der Endpunkt einer zwangsläufigen Kollision zwischen Körper und Boden.

In der nächsten Stufe des Dreifußes beschäftigt man sich nun damit, sich genauer mit den Kollisionsflächen am ganzen Körper auseinanderzusetzen. Dabei werden die Arme und Schultern mittels einer bestimmten Aussteuerung mit den Füßen verbunden.

Man macht anfangs einen kleinen Schritt rückwärts und zieht den Körper an den hinteren Fuß heran. Dabei bleiben die Arme und Schultern vor dem Vorderfuß stehen. Es entsteht eine entstauchte Zone unter den Achselhöhlen, die man im weiteren Verlauf des Bewegungsablaufs freizuhalten versucht. Nun wird der Vorderfuß an den hinteren Fuß herangezogen. Der Rücken wird kurz vorher ein wenig gekrümmt und der Hintern anschließend etwas nach hinten gezogen. Dabei vergrößert sich der Spielraum zwischen Oberkörper und Schultern noch etwas, ohne daß man die Arme strecken muß. Dann stehen beide Füße dicht nebeneinander und als Nächstes macht man mit einem Fuß einen Schritt seitlich und leicht nach hinten. Die Arme bleiben dabei über dem Standbein stehen, während der Körper von den Achseln abwärts leicht zur Seite, nach hinten bewegt wird. Dabei ist der Seitwärtsschritt nur so groß, daß der Körper hinter ihm hergezogen wird. Weder das Bein noch der Körper sollen gestreckt werden. Es geht hier nur darum, die Schultern und Arme leicht vom Körper zu lösen, damit sie der Bewegung der Füße anschließend ohne Aufprall und Stauchung folgen können. Schließlich zieht man den Seitwärtsschritt zurück und der andere Fuß geht zur anderen Seite rückwärts vom Körper weg. Wieder bleiben die Arme über dem Standfuß stehen. Am Ende setzt man den Fuß, der am Anfang zuerst rückwärts ging, ein Stück nach vorn und taucht so mit dem Körper wieder unter die Schultern.

Wichtig ist bei allen Schritten, daß das Spielbein nicht zu 100% belastet wird. Man zieht den Körper nicht so auf den hinteren oder seitlichen Fuß, daß das gesamte Körpergewicht verschoben wird, denn dann hätte man keinen Spielraum mehr zwischen Schultern und Körper. Außerdem würde eine komplette Gewichtsverlagerung dazu führen, daß man sich automatisch vom Standbein abdrückt. Es würden die bei konventionellen Schritten üblichen Gegenwuchten im Körper entstehen und dies soll ja gerade vermieden werden. Also werden die vom Körper weggesetzten Füße eher zu ca. 60% oder weniger belastet, damit man sie ohne Extraschwünge leicht wieder zum Körper zurückbewegen kann.

Beim Dreifuß der Stufe 2 wird das Verhältnis des ganzen Körpers zu den Füßen beim Aufkommen auf den Boden so ausgesteuert, daß die Aufprallachse nicht von unten nach oben gegen den Körper läuft, sondern immer am Körper vorbeiläuft. Im Endeffekt wird dadurch der Körper an besonders verkeilten und belasteten Stellen wie dem Knie, dem Rücken und den Schultern sehr entlastet. Anstelle von Verkeilungen und Stauchungen tritt eine Lösung der verhakten Gelenke und Bindegewebe voneinander, die als bewegliche Verbindung zwischen den einzelnen Körperpartien dient. Diese Stellen werden nach meinen Erfahrungen weich und entspannt. Außerdem werden nun auch die Hände sehr gut durchblutet und warm.

Im Vergleich zum Dreifuß der Stufe 1 fallen nun stärkere Belastungen für die Kniegelenke weg, was auch damit zu tun hat, daß gegen den Körper verkeilte Schultern und Arme nicht mehr mit ihrem Gewicht auf die Beine drücken. Die Tatsache, daß dies normalerweise der Fall ist, läßt sich zwar bei einer genauen Beobachtung normaler Schritte feststellen, doch wie heftig diese Belastung sich auswirkt, merkt man erst, wenn sie wegfällt.

Beim Dreifuß der Stufe 2 nutzt man natürlich die bei der Stufe 1 erlernte Fähigkeit, beim Aufsetzen auf den Boden die Füße aktiv und primär einzusetzen. Um aber die Aussteuerung zwischen Füßen und Körper nicht zu verkomplizieren nutzt man nicht mehr unbedingt bestimmte Punkte wie Außenkante, Innenkante oder Ferse als Spannungsflächen. Statt dessen bemüht man sich durch leichte Spannung und Entspannung der gesamten Fußfläche, den Körper ohne Aufprall und Abstoßen an die Füße anzuschließen.

Als Zwischenübung ist es daher auch sinnvoll, sich immer wieder mit dem "rollenden Fuß" zu beschäftigen. Dabei versucht man, im Verlauf normaler Schritte, den Körper immer mehr an die Füße anzuschließen. Statt sich von den Füßen abzustoßen oder über sie zu fallen, bewegt man den Körper in einem senkrechten Verhältnis und im Verbund mit dem Fuß nach vorn. Durch leichte Spannung in der Fußsohle, zieht man den Körper und seine Außenschwünge zum Fuß heran und dort, wo ein starker Aufpralldruck entsteht, entspannt man den Fuß wieder. Auf diese Weise weicht man einem finalen Aufprall auf den Boden ständig aus. Auch hier ist der gesamte Körper an der Aussteuerung beteiligt, denn dort, wo man den Fuß an- oder entspannt, tut man dies in Folge auch mit dem gesamten Körper. Das Idealergebnis ist eine Situation, in der durch wechselnde An- und Entspannung eine vertikale Bewegung im Körper entsteht, die wie ein Paternoster immer weiterläuft, ohne daß man jemals voll am Boden aufkommt. Man muß dazu allerdings die Spannungs- und Entspannungsflächen im Körper ständig sehr rechtzeitig und konsequent wechseln, wofür meist allein die Konzentration fehlt. Trotzdem lernt der Körper dabei wie beim Dreifuß der Stufe 1 und 2 alternative Bewegungsoptionen kennen, die er immer mehr von sich aus nutzt und schneller ansteuern kann. Zum Schluß möchte ich an dieser Stelle noch deutlich machen, daß der Dreifuß der Stufe 1 Voraussetzung für alle weiteren Stufen ist. Er legt mit der Erkundung der Fußsohle, sowie der Bewegung durch grobe Spannung und Entspannung anstelle von Schwüngen überhaupt erst eine Basis für die übungen der Stufe 2 und kann daher nicht übersprungen werden.

Julia Barthel  19.04.2006

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